GASTBEITRAG/LESERZUSENDUNG
Diese Geschichte wurde mir zugeschickt und ich fand sie ansprechend genug, um sie hier im Blog zu veröffentlichen. Danke an den Verfasser!
Auch wenn das unten kein Aphorismus ist, habe ich diesen Spruch aus der Bibel trotzdem nachfolgend einmal versucht in Gedanken weiter fort zu führen.
Matthaeus 19,24: Und weiter sage ich euch: Es ist leichter, daß ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, denn daß ein Reicher ins Reich Gottes komme.
Man stelle sich bitte einmal zwei Welten vor. Die eine Seite ist die gute und die andere Seite ist böse. Kurz vor dem Nadelöhr liegt das Reich der Toten, welches ich aber der Einfachheit halber auch zur irdischen Welt, also der Erde dazuzählen möchte. Also alles so wie gehabt. Zwischen diesen beiden Welten befindet sich jetzt nur ein einziger Durchgang und zwar in Form eines Nadelöhrs.
Ein Aphoristiker, ein Reicher und ein Kamel treffen sich also vor dem Nadelöhr, das geradewegs in den Himmel hinein führt. Die beiden Menschen tragen ein langes weißes Gewand, haben aber ansonsten nichts bei sich.
Der Reiche ist es natürlich gewöhnt sich vorzudrängeln. Er nimmt also das Kamel sogleich in Besitz, denn er will selbstverständlich auch im Himmel nicht mit ganz leeren Händen dastehen müssen. Da er dazu aber auch noch feige ist und sich jetzt ein wenig davor fürchtet, dass Gott wegen den bösen Taten die er in seinem Leben begangen hat, nun doch mit ihm schimpfen könnte, stellt er das Kamel mit dessen Kopf voran direkt vor das Nadelöhr. Zum einen eben, um sich selbst hinter dem lieben Tier zu verstecken und zum anderen aber auch, weil er anderen gelegentlich gerne einen saftigen Tritt in den Hintern gibt. Dann fängt er von hinten an zu schieben, an zu fluchen und an zu treten, dass die Endzeitbühne nur so wackelt.
Dem völlig rücksichtslosen Reichen gelingt es schließlich, wenn auch nur unter aller größter Gewaltanwendung, das arme Tier bis zum Hals durch das winzige Nadelöhr zu pressen. Dann jedoch bleibt das Kamel stecken, ganz so als hätte jemand von der anderen Seite STOPP gesagt. Es geht nun weder etwas vorwärts, noch geht etwas rückwärts. Der Durchgang ist versperrt.
Der Reiche setzt sich hin und überlegt. Es dauert viele, viele Jahre. Die Zeit beginnt dahin zu rasen. Absolut nichts tut sich. Der reiche Mann ist aber doch gar nicht so dumm, wie er aussieht. Denn plötzlich kommt dem Wohlhabenden die Idee, dass er gut eine Hilfe zum Schieben anfordern könnte. Anderen Befehle zu geben, daran ist er ja aus seinem früheren Leben auch gewöhnt. Auf einmal beginnt er also aus Eigennutz an seinen Nächsten zu denken. Ganz plötzlich wird ihm nun bewusst, dass da früher doch noch ein anderer Mensch mit ihm vor dem Nadelöhr gestanden hat und der sich ihm kurz als Aphoristiker vorgestellt hatte. Doch diesen etwas seltsam anmutenden Mensch, der ständig so komische Sprüche vor sich gemurmelt hat, konnte er jetzt nirgends mehr entdecken. Der Reiche sucht und sucht, dann kommt er endlich auf den Trichter es einmal mit Rufen zu probieren: „Hallo! Aphoristiker, wo bist Du?“ Er ruft es einmal, zweimal und noch ein weiteres Mal.
Er braucht dann aber auch nicht mehr viel länger auf die Antwort zu warten und eine Stimme erschallt, was den reichen Mann sehr wundert, genau von der gegenüber liegenden Seite des Nadelöhrs: „Ich bin schon längst hier auf der anderen Seite des Nadelöhrs im himmlischen Paradies. Was willst Du von mir, reicher Mann?“
Der Reiche kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus: „Wie zum Teufel hast Du armer, dummer, nichtsnutziger, nur ständig unsinnige Sprüche klopfender Kerl es nur fertig gebracht auf die andere Seite zu kommen und dann auch noch vor mir?“, wollte er nun vom Aphoristiker wissen. Dieser gibt ihm höflich die Antwort: „Ich hatte mir schon sehr viel früher Gedanken zu meinem Ende gemacht und diese gingen mir voraus, so dass ich ihnen nur noch zu folgen brauchte. Die Kontrolle an der Grenze zum Himmel löste sich schließlich in Wohlgefallen auf und es schien mir fast so, als würde ich an einem gedanklichen Faden durchs Nadelöhr auf die andere Seite gezogen.“
„Was dieser arme Trottel kann, das muss ich doch auch können“, sagt der Reiche im Geheimen zu sich selbst. Angestrengt beginnt er mit geschlossenen Augen zu denken: „Großes himmlisches Etwas, mach mir einen Strick und ziehe mich durch das Kamel auf die andere Seite. Es ist mir auch völlig egal, wenn das Kamel dabei stirbt und sich quält. Ich sorge dann später schon dafür, dass jemand das Blut vom Tier wegwischt. Irgend ein Idiot oder eine Idiotin findet sich schließlich immer für die Drecksarbeit.“ Er denkt diese Sätze von vorne bis hinten immer wieder durch, befindet sich dabei auch schon in seinen Gedanken halb im Kamel. Gleich habe ich es geschafft denkt er sich, gleich bin ich drüben. Da er aber dann doch nicht spüren kann, dass sich irgendetwas bewegt, öffnet er schließlich wieder die Augen. Er besieht sich das Nadelöhr, kann einfach nicht anders als nebenbei sogar etwas über das darin festsitzende Kamel in sich hinein grinsen zu müssen, nur um dann aber letztendlich doch betrübt festzustellen, dass sein ganzes bisheriges Leben und sein nur auf Gewinn und persönlichen Wohlstand fixiertes Denken, jetzt doch zu keinem positiven Ergebnis geführt hat. Am Ende seines Lebens nun als toter Reicher schon länger angekommen, trifft ihn knallhart die Gewissheit, dass es für ihn scheinbar aussichtslos ist, jemals in den Himmel hinein zu kommen, der aber gleich auf der anderen Seite liegt und worauf dieses blöde Kamel ihm auch noch die Sicht versperrt.
Aber der Reiche ist dazu auch noch ein sehr neugieriger Mensch. Ja, er platzt nun sogar bald vor Neugierde darüber, was ihn auf der anderen Seite denn nun überhaupt erwartet hätte. Er ruft also ins Himmelreich hinüber: „Aphoristiker, was um alles Geld in der Welt, los sage mir, was machst Du die ganze Zeit auf der anderen Seite?“ Es schallt zurück: „Reicher Mann, Dein ganzes Geld kannst Du ruhig behalten. Mir macht es viel, sehr viel mehr Freude, hier auch ein Kamel mit meinen guten Gedanken füttern zu können, dass durch Deine Hilfe den Weg zu mir gefunden hat. Hab’ Dank dafür reicher Mann, ich werde für ewig dafür in Deiner Schuld stehen.“
Der Reiche denkt den Gedanken des Aphoristikers weiter und gelangt schließlich nach einer Million Jahren zu der Erkenntnis, dass er vielleicht im Leben doch etwas falsch gemacht haben könnte. Schließlich fängt er an zu weinen. Bitterliche Tränen falscher Reue kullern ihm über die Wangen und ergeben einen kleinen Bach, der zu einem gewaltigen Fluss, schließlich zu einem großen Meer wird und schnell steht dem Reichen das Wasser kurz darauf bis zu Hals.
Der Aphoristiker sieht das von der anderen Seite und freut sich darüber, dass der Reiche sich nun endlich doch dazu bequemt hat, das Kamel in dessen Übergangsphase auch mit dem notwenigen Wasser zu versorgen. Er ruft Gott an und bittet für den Reichen um Gnade. Aber Gott hat seine Entscheidung längst getroffen. Nein, so stimmt das selbstverständlich NICHT! Denn jeder einzelne Mensch trifft die Entscheidung für sich immer ganz alleine, ob er schon in seinem Leben gut sein will oder ob er sich zur Scheinheiligkeit entschließt und lieber Böses tun möchte, aus welcher Absicht heraus auch immer. Der Herr antwortet dem Aphoristiker nur mit den Worten: „Lieber Freund, lass uns jetzt nicht weiter unnütz gute Gedanken an Menschen vergeuden, von denen diese Gedanken früher, als noch die Zeit dazu vorhanden gewesen wäre, weder angenommen noch in die richtige Richtung fortgeführt worden sind.“
„Na ja Gott“, sieht der Aphoristiker dann auch ein, „wo Du Recht hast, hast Du eben Recht.“
Dann widmet er sich wieder seiner Lieblingsbeschäftigung und füttert das Kamel weiter mit Aphorismen, die ihm einfach vom Himmel herab in Form von kleinen Gedankenblitzen zuzufallen scheinen.
Der Reiche, der einfach nicht mehr damit aufhören kann zu weinen, ist nun fast dabei zu ertrinken, weil das Tränenwasser immer höher steigt. Er beginnt um Hilfe zu rufen: „Aphoristiker, SOS, bitte helfe mir, ich ertrinke und wirf mir auf der Stelle, kapiert, auf der Stelle SOFORT ein Seil herüber, damit ich mich daran aufs trockene Land ziehen kann.“
Aber ein Aphoristiker benötigt eben nichts weiter, außer seinen guten Gedanken. „Ich habe leider kein Seil bei mir“, erwidert er. „Versuche es doch einmal mit Beten“, meint er dann noch in allerbester Absicht zu dem Reichen. Da der wohlhabende Mann mit Beten aber nie etwas Gutes anzufangen wusste, sondern auf diese Weise höchstens Satan immer nur darum angebettelt hat, sein Vermögen möge sich doch bitte vermehren, sieht er deshalb in seiner jetzigen Situation darin auch überhaupt keinen Sinn.
Aber der Aphoristiker will, so gut wie er nun einmal ist, dem Reichen unbedingt Trost spenden. „Schau mal genau hin“, sagt er mit viel Mitleid in seiner Stimme zu dem in seinem Wohlstand nun Ertrinkenden und darauf folgend als hoffentlich Erlösung bringende Worte „pass mal gut auf lieber Freund der Irrwege, ich füttere das Kamel hier weiter mit meinen Aphorismen und was am Ende bei Dir auf der anderen Seite dabei heraus kommt, das darfst Du dann gerne behalten und auch fortführen, wenn Du es möchtest.“
Verfasst von Karl-Josef Malo
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