• Um neue Beiträge per E-Mail zu erhalten, hier die E-Mail-Adresse eingeben.

    Schließe dich 48 anderen Abonnenten an

Mangelndes „Wutbürger-Potential“ bei Hartz-IV-Betroffenen?

Mal abgesehen von der Tatsache, dass das Phänomen des ungenügenden Eintretens für die eigenen Interessen beileibe keine Domäne der Hartz-IV-Geschädigten ist, sondern durch die Bank weg als eine typische „Charaktereigenschaft“ der „modernen bundesdeutschen“ Gesellschaft bezeichnet werden muss, ist die im Titel wiedergegebene Feststellung zweifelsohne zutreffend. Allerdings greifen die dazu angestellten Betrachtungen (von Profis wie von engagierten „Normalbürgern“ gleichermaßen) wieder einmal zu kurz, wenn man nur hinterfragt, warum – bspw. – Hartz-IV-Betroffene nicht bereit sind, für ihre Rechte auf die Straße zu gehen.

.

Auf die Idee, dieses Thema aufzugreifen und meinen eigenen Senf dazuzugeben, brachte mich eine Mail, die ich am gestrigen Abend von dem 1. Vorsitzenden eines befreundeten Vereins erhielt. Da mich mit diesem weit mehr als nur eine sachbezogene Übereinstimmung verbindet, möchte ich seine Meinung hiermit weitergeben. Er beurteilt die Problematik im Großen und Ganzen ähnlich wie ich, allerdings geht mein (respektive unser) Umgang mit diesen und ähnlichen Themen schon lange bedeutend mehr in die Tiefe und schließt auch solche Fakten und darauf basierende Überlegungen ein, die für die „breite Masse“ der sozial engagierten Menschen und Gruppen bekanntlich zu den „intellektuellen No-Go-Areas“ gehören.

Aber lassen wir meinen Freund erst einmal selbst zu Wort kommen:

.

Zitat des Mailanschreibens:

[…] wie oft hat man sich schon die Frage gestellt, warum von Hartz IV betroffene Mitmenschen nicht gemäß dem Wort des Jahres (neusprech) zum „Wutbürger“ geworden sind.

Bei meinen Recherchen zum Thema im Internet bin ich auf den nachfolgenden Kommentar von Herrn Dieter Carstensen gestoßen. Herr Carstensen ist Sozialarbeiter und mit den Sorgen und Nöten von Menschen die im Bezug von Hartz IV stehen bestens vertraut.

Im Hinblick darauf und gepaart mit unseren eigenen Erfahrungen beschreibt der Kommentar völlig zutreffend, warum Bezieher des ALG II nicht zu „Wutbürgern“ werden bzw. werden können.

Trotz allem darf aber der Kampf und der Protest gegen die Menschen verachtende Gesetzgebung mit dem unsäglichen Namen Hartz IV niemals aufgegeben werden.

Deshalb der dringende Appell, dass der Kampfgeist gegen die Politik der sozialen Kälte auch im neuen Jahr 2011 nicht nachlassen darf.

Mit besten Grüßen

IGSG e.V.

Zitat Ende.

.

Der besagte Kommentar von Herrn Carstensen kann auf dessen Seite (bitte nach unten scrollen bis zum betreffenden Eintrag Warum von Hartz IV Betroffene nicht auf die Straße gehen und zu “Wutbürgern” werden?) respektive bspw. auch bei Gegen-Hartz.de komplett gelesen, oder alternativ auch hier als PDF-Datei heruntergeladen werden.

.

Damit zur Begründung, warum ich diese und ähnliche Fragestellungen, selbst in solchen Fällen, bei denen man das Engagement der Fragesteller schätzt und auch zu unterstützen bereit ist, in der eigentlichen Sache für verfehlt halte:

Dazu hatte ich in der Vergangenheit schon des Öfteren Artikel geschrieben – vor allem mit der Intention, die Tatsache hervorzuheben, dass jeder Protest (insbesondere Demonstrationen gegen von offizieller Seite verleugnete Missstände in Staat und Gesellschaft) solange bestenfalls als „Sandsack-Proteste“ bezeichnet werden können, wie nicht der Versuch unternommen wird, sie auf eine breite gesellschaftliche Basis zu stellen. – Als „Sandsack-Proteste“ definiere ich Demos und andere Formen des „zivilen Ungehorsams“, bei denen sich die Wut gegen besagte er- und bewiesene Missstände in Staat und Gesellschaft (wenn überhaupt) nur kurzzeitig entladen und keinerlei dauerhaftes Druckpotential generieren, von dem sich die politischen Marionetten des Systems existentiell beeindruckt fühlen würden. – Leider verfestigt sich aus meiner Perspektive der Eindruck immer mehr, dass daran seitens der wortführenden Organisationen, Verbände und Gruppierungen gar kein reelles Interesse besteht, sondern sich ihr Engagement fast vollständig in „Bestandswahrung“ erschöpft. (Was sollten all diese semiprofessionellen und professionellen Sozialengagierten denn tun, wenn die von ihnen instrumentalisierten Probleme tatsächlich gelöst werden würden?). – Das soll jetzt nicht verallgemeinernd und jedes Engagement über diesen unappetitlichen Kamm scherend in den Raum gestellt werden, aber leider ist der Wille zu einer (man verzeihe mir die Wortwahl) basisdemokratischen Kooperation bei den meisten Vertretern dieser „Kämpfer für gleiches Recht und Gerechtigkeit für alle“ nicht sonderlich ausgeprägt, respektive überhaupt nicht vorhanden.

Demzufolge wären Demonstrationen oder andere Formen des konzertierten Protests meiner Ansicht nach auch nur dann sinnvoll und erfolgversprechend, wenn man sie nicht als reine Propagandaveranstaltungen einsetzen würde – bei denen sich dann mit unschöner Regelmäßigkeit auch gerade die Verursacher der Probleme (politische Parteien, hohe Gewerkschafts- oder Kirchenfunktionäre und nicht zuletzt, die immer mit am Tisch der sozialdarwinistischen „Reformer“ sitzenden Sozialverbände) profilieren wollen.

Insofern ist auch die Aussage im oben angebotenen Kommentar des Herrn Carstensen nur einseitig betrachtet korrekt zu nennen. Es gibt sehr wohl ein Versäumnis, für das man nur die von Hartz IV betroffenen Menschen (oder andere, von systemischer Willkür Betroffene) verantwortlich machen kann … sie verweigern sich seit Jahr und Tag jedem Ansatz, der die beschriebene Resignation und Isolation, in die sie zunächst einmal sicher „per Gesetzgebung“ getrieben wurden, die im Endeffekt aber erst durch ein dauerhaftes Arrangieren mit den geschaffenen Umständen die heute zu konstatierende Wirkmacht entwickeln konnten, auf dem Umweg über alternative Formen oder eine neue Kultur der Solidarität zu durchbrechen.

Selbstverständlich kommen die vom System benutzten Mechanismen der Spaltung und qua einseitig verlogener Medienberichterstattung (gezielte Desinformation) realisierte Entsolidarisierung der Gesellschaft noch hinzu. Da die Hartz-IV-Betroffenen (egal ob Langzeitarbeitslose oder Aufstocker, denn de facto sitzen „zumindest sie“ in ein und demselben Boot!) aber für sich selbst eine gewaltige „Interessengemeinschaft“ abgeben würden, deren schiere Masse – von der Basis aus vernünftig organisiert – durchaus in der Lage wäre, das besagte Druckpotential aufzubauen und noch dazu eine „ansteckende“ Beispielfunktion zu übernehmen, ist es leider nicht korrekt, wenn man sie mit sozialwissenschaftlichen Studienerkenntnissen aus der Verantwortung nehmen zu können glaubt.

Dabei sollte man – nur so nebenbei bemerkt – auch beachten, dass es gerade die „angewandten Sozialwissenschaften“ (in Neudeutsch Social Engineering) gewesen waren, welche die Methoden und Mittel für Spaltung, Ausgrenzung, Entsolidarisierung und einen destruktiven Egoismus erschaffende „eingeschränkte“ (nur die eigene Person / Bevölkerungsgruppe und Interessen verfolgende) Wahrnehmung entwickelten.

Deshalb ist es nicht nur, aber gerade in Bezug auf einen konstruktiven und vorrangig auf alternativer Eigenleistung basierenden Widerstand unerlässlich, dass gerade die „soziale Protestbewegung“ aufhört, die Symptome bekämpfen zu wollen und stattdessen dazu übergeht, die Wurzeln aller Probleme direkt anzugreifen. Dass dies nur dann möglich sein wird, wenn alle von systemimmanenten Problemen und Missständen betroffenen Bevölkerungsgruppen dieses Ziel über den eigenen Tellerrand hinaus schauend in Angriff nehmen, sollte nicht gesondert betont werden müssen.

.

Da ich, wie bereits erwähnt, schon mehr als genug dazu geschrieben habe und – auch wenn man das von mancher Seite gerne ignoriert – auch immer wieder Anregungen zu liefern versuchte, wie man so etwas sinnvoll gestalten könnte, möchte ich zum Abschluss meines Artikels noch auf einen Beitrag verweisen, der vorgestern in Adalberts Meckerecke veröffentlicht wurde. Es ist dringend angeraten, ihn sich mal durchzulesen und auch die eingebundenen Links zu verfolgen, denn wenn man die tatsächlichen Probleme unserer Zeit und (Welt-) Gesellschaft tatsächlich noch lösen will, bevor der berüchtigte „Punkt jenseits aller Umkehr“ erreicht wurde, wird man sein Denken und das darauf aufgebaute Handeln gewaltig ändern müssen!

9 Antworten

  1. Da einzige was ich für mich und vor allem für unser Land bereit bin zu tun oder besser gesagt zur Zeit mache ist , sinnvolle Petitionen im Bundestag mitzuzeichnen…was leider viel zu wenige tun.Naja … ausserdem möchte ich anmerken das was zur Zeit in Europa abläuft….und ganz besonders von den Antidemokraten beschlossen und in Brüssel umgesetzt wird ….mit Worten kaum noch zu beschreiben ist …..da verliert man doch echt das Vertrauen in alles was ist , besonders die Medien in Deutschland sind nicht einmal bereit über die wirklichen Misstände im Euroraum zu berichten und vor allem den Bubüddel mal zu stecken das mehrere EU-Mitgliedsstaaten gerade dabei sind die Rentenbeiträge zu verstaatlichen…da kann man nur noch den Kopf schütteln Pfui Pfui allen voran “ Frankreich“ sollte mal jeder selber drüber nachdenken was auf unser schönes ach so tolles DE noch drauf zu kommt….und mal ehrlich Hartz 4 wird nicht gewollt aber es wird dennoch weiter in Anspruch genommen ..weil es keine alternativen Umsetzungen gibt und auch nicht erwünscht sind…hauptsache der Herr Westerwelle stellt sich hin & hetzt mal wieder die Mittelschicht auf die Unterschicht und redet den Hartz4lern ins Gewissen nicht so dumm und faul zu sein , um auf Stimmenfang zu gehen und seine Haut bei Parteigenossen zu retten …einfach nur Pfui

    ganz ehrlich..hätte ich im vorraus meiner Geburt gewusst wie die Welt ist…ich hätte mich geweigert zur Welt zu kommen

  2. Danke für deinen Beitrag.
    Er unterstützt meine Gedanken, zeigt mir an, wo mögliche Ursachen zu finden sind.
    Für mich ist es die Arroganz der sogenannten „Bildungsschicht“, der neugebildeten Bildungsschicht, die überall die Boote besetzt hält und in den Schlüsselpositioenen sehr wohl darauf achten, das kein Engagierter ihren Schlafplatz bekommt.
    Der Kommentar des Sozialarbeiters steht deinem Vielsprachschatz gegenüber. Ich stimme Dieter Carstensens voll zu. Bei dir muß ich, Einfnurmensch, buchstabieren um es zu verstehen.
    Carstensens beschreibt die kranke Wurzel, du aber überlegst wie man den Aufbau vergolden könnte.
    Diese sprachliche Diskrepanz verwirrt!
    Die Dinge beim Namen nennen, als sie mit nach oben zielenden Worten zu umschreiben, hilft besonders dem , der nicht versteht was passiert ist, warum er sich nicht aus der Falle von Hartz IV befreien kann.

  3. @Freigeist

    „ganz ehrlich..hätte ich im vorraus meiner Geburt gewusst wie die Welt ist…ich hätte mich geweigert zur Welt zu kommen“

    Ich weigerte mich; habe ich etwa gewusst was auf mich/uns zukommen wird? 14 Tage lang hat meine erste persönliche Revolution gegen ein Leben auf dieser Welt hier gedauert, dann wendeten sie schließlich pure Gewalt an. Scharfer Stahl kam mir entgegen und es begann um mich herum nach Blut zu riechen. Ich trat und hielt mich verzweifelt an der Nabelschnur fest, aber es war dann schon zu spät. Gleißendes Licht begann mir in den Augen zu brennen, obwohl ich sie geschlossen hielt. Die Dämonen in weißen Kitteln zeigten kein Erbarmen und nahmen mir jeglichen Schutz, den ich mir innerhalb von neun Monaten mühsam aufgebaut hatte. Es war wie die Zerstörung einer Welt für mich, einer Welt für mich ganz alleine.
    Mal sehen, wann die Dämonen damit beginnen werden, diese Welt hier mit Gewalt zu zerstören, in die sie mich selbst geholt haben.
    Welche Welt wartet dann danach wohl auf das Leben, auf uns alle?

  4. @Emilia

    „…warum er sich nicht aus der Falle von Hartz IV befreien kann.“

    Warum sollte das nicht möglich sein?

    Es ist doch auch wenigen Menschen möglich an die 6,5 Milliarden seiner Rasse mit Konstrukten aus von ihnen gemachten Gesetzen und Vorschriften zu unterjochen.

    Es ist nur möglich, weil damit beim Einzelnen Furcht vor Sanktionen bzw. vor staatlicher Gewalt erzeugt wird, evtl. auch die Furcht dann verhungern und sterben zu müssen. Diese Furcht mutet etwas seltsam an, denn sterben müssen wir Menschen letztendlich alle.

    Jakobus 4:14 Und doch wißt ihr nicht, was morgen sein wird! Denn was ist euer Leben? Ein Dampf ist es, der eine kleine Zeit sichtbar ist und darnach verschwindet.

    Das einzelne Individuum hat viel mehr Macht als es glaubt. Nur auf den richtigen Glauben kommt es eben an.

  5. Hallo Hans,

    vielen Dank für den interessanten Artikel.

    Ich habe mir auch schon sehr oft die Frage gestellt, warum die von ALGII Betroffenen und andere Benachteiligte sich nicht wehren. In Form von öffentlichem Protest.

    Meiner Meinung nach gibt es ein ganzes Bündel an Gründen. Ein Hauptgrund ist für mich nicht erkennbar. Interessant wird es, wenn man sich bei der Beantwortung dieser Frage aus einer anderen Richtung als der üblichen nähert.

    Teilt man die Betroffenen in Altersgruppen auf, fällt die Beantwortung einfacher.

    Die 20 – 35jährigen haben noch Hoffnung. Sie bewerben sich eifrig oder befinden sich in „Maßnahmen“. Diese Gruppe hält sich für leistungswilliger als alle anderen Betroffenen Altersgruppen.

    Die 36 – 45jährigen haben weit weniger Hoffnung. Trotz Qualifikation wird jüngeren (billigeren) der Vorzug gegeben.

    Die Altersgruppe 46+ sieht für sich fast gar keine Chance mehr und hat resigniert..

    Damit ist die Frage sicherlich nur teilweise beantwortet.

    Hinzu kommt, dank Erziehung, Schule, Ausbildung und Medien, dass noch immer eine Mehrheit der Menschen sich über die Arbeit definiert.

    Den Betroffenen muss klar gemacht werden, dass es nicht persönliches Unvermögen war, welches sie zum ALGII brachte, sondern eine seit Jahren fehlgeleitete Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik.

    Geschätzt 5.000.000 Arbeitslosen stehen geschätzt 500.000 offene Stellen gegenüber. Wer macht das Rennen?

    Betrachtet man jedoch die weiter steigende Zahl von Klagen bei den SG´s, und wertet dies ebenfalls als Protest, dann gibt es durchaus Hoffnung, das sich die Betroffenen doch eines Tages zusammenschließen.

    Besten Gruß
    Michael

  6. @ Aristo ,

    finde das du es relativ gut beschrieben hast.

    Mal weiter verfolgen ….wer sich hier noch zu Wort meldet .-.

  7. @Freigeist

    Danke für Deinen Kommentar.

    Tja, ist alles richtig, was Du schreibst, auch wenn unsere lieben „EU-Nachbarn“ weder die ersten, noch die einzigen Pseudo-Mächtigen waren/sind, die ihre Bürger/innen nach Strich und Faden ausnehmen und rechtlos stellen. Da hat die „BRD“ schon seit Jahren (eigentlich vom ersten Moment ihrer Existenz an!) eine Vorreiterrolle inne ~ nicht nur, aber gerade in Sachen Sozialabbau, Dumpinglöhne und anderer Errungenschaften à la Hartz-Gesetze … aber darüber will ich mich hier nicht weiter auslassen. Für die meisten Mitmenschen ist das ja eh alles nur „Verschwörungstheorie“, obwohl gerade das, was mit der Rentenversicherung und anderen Sozialversicherungen hierzulande (teilweise schon vor der „sogenannten Wiedervereinigung“) veranstaltet wurde, doch ziemlich gut dokumentiert ist. – Aber was soll’s … ich habe im obigen Artikel ja auch nur meine Meinung zum Ausdruck gebracht. „Missionieren“ im Sinne von „lasst uns die Welt retten“ werde ich nicht mehr, an diesem Entschluss meinerseits hat sich nichts geändert.

    Wer von unseren Politiker/innen (und da nehme ich nach augenblicklichem Sachstand ausdrücklich keine Partei aus!) eine „Wende zum Besseren“ erwartet, ist genauso auf dem Holzweg wie jene Leute, die zwar nichts oder wenig von dem begriffen haben, was um sie herum geschieht und mit ihnen veranstaltet wird, aber dennoch im Brustton der Überzeugung von einem „Silberstreifen am Horizont“ (gleich welcher Art) träumen. Hartz IV ist nun mal nicht das zentrale Problem, sondern nur ein perverser Auswuchs desselben.

    Beste Grüße und alles Gute, Hans

  8. @ Emilia

    Auch bei Dir bedanke ich mich sehr für Deinen Kommentar. Auch wenn es da (mir nicht ganz unbekannt vorkommende, aber leider nicht zu ändernde) „Verständigungsprobleme“ zu geben scheint.

    „Diese sprachliche Diskrepanz verwirrt! ~ Die Dinge beim Namen nennen, als sie mit nach oben zielenden Worten zu umschreiben, hilft besonders dem , der nicht versteht was passiert ist, warum er sich nicht aus der Falle von Hartz IV befreien kann.“

    „Diskrepanz“ (also „Widersprüchlichkeit“) wäre nur dann zu konstatieren, wenn ich meine Meinung als „Antithese“ zur Aussage des Herrn Carstensen bezeichnen würde … die Kernaussage dessen, was der Mann aus seinem Erfahrungsschatz heraus aufführt, habe ich aber mitnichten angezweifelt. Mir ging und geht es nur darum, darauf hinzuweisen, dass man keine Probleme zu lösen vermag, wenn man nur Symptome angeht, während die tatsächlichen Ursachen ignoriert werden. Aber da ich jetzt keine Fortsetzung meiner „schwer verdaulichen Ausführungen“ (ist aber eigentlich recht einfach – guten Willen vorausgesetzt, wenn man sich an seine Schulzeit erinnert und den Text einschließlich Interpunktion liest!) beabsichtige, möchte ich es dabei mal bewenden lassen.

    Klarstellen möchte ich aber schon noch, dass meine aktive Zeit des Bemühens um Vermittlung von „adäquater Hilfe zur Selbsthilfe“ bereits vor gut drei Jahren an den von mir kritisch angemerkten Punkten gescheitert war, bevor ich anfing, mich als Internetschreiber zu betätigen, um auf diesem Umweg doch noch zu versuchen, jene Kooperation und jenen Konsens zu schaffen, der die heillos gespalteten Bevölkerungsgruppen eventuell Klarheit darüber erlangen lassen könnte, dass sie kein einziges ihrer „Probleme“ lösen werden, wenn sie nicht endlich Solidarität im reinsten Sinne des Wortes zu erlernen und zu praktizieren bereit sind. Auch meine Meinung beruht zu mindestens 80% auf Erfahrungswerten, die ich im aktiven und praxisnahen Engagement (nicht virtuell, sondern „am Mann und an der Frau“ auf der Straße“) erworben habe. Gerade diesen Erfahrungen ist es geschuldet, dass ich die Aussage …

    „[…] der nicht versteht was passiert ist, warum er sich nicht aus der Falle von Hartz IV befreien kann.“

    … leider als Bestätigung für meine oben getroffenen Feststellungen werten muss. Zum „verstehen können“ gehört „zuhören, lernen und verstehen wollen“ als unerlässliche Grundvoraussetzung. Was aber seit eh und je nicht funktioniert, da die Menschheit die Abgrenzung (keineswegs nur, aber doch vor allem dank der von seiten der „Obrigkeit“ sehr erfolgreich eingesetzten Spaltungsmechanismen) einer konstruktiven Konzentration auf Gemeinsamkeiten immer wieder vorzieht.

    Im Übrigen ist es leider auch ein Teilaspekt der erfolgreichen Spaltung unserer Bevölkerung, wenn „unterschiedliche Ausdrucksstile“ für wichtiger gehalten werden als faktische Inhalte … aber das ist nicht als Vorwurf gemeint, da mir schon klar ist, dass man gegen die Auswirkungen von mindest hundert Jahren des gezielt eingesetzten „Klassenskampfes von oben“, der auf „hochwissenschaftlichen Erkenntnissen“ beruht, heute kaum noch etwas auszurichten vermag. Es gäbe (gab und gibt nach wie vor) zwar jederzeit die Möglichkeit, den direkten Dialog zu suchen, um vermeintliche Missverständnisse auszuräumen, aber da das unweigerlich mit Zeitaufwand und Eigeninitiative, aber auch mit der Bereitschaft zum „Aufeinander-zugehen“ verbunden ist, nimmt das in der Regel nur eine verschwindend kleine Minderheit von aktiven Menschen in Anspruch.

    Das ist keineswegs persönlich gemeint, sondern soll einzig und allein der Erläuterung meiner Position dienen und begreiflich machen, dass ich einen langen und harten Umweg auf mich genommen habe, um zum „kritischen Blogbetreiber“ zu werden … das hielt und halte ich für wichtig, auch wenn es wahrscheinlich kaum jemanden sonderlich interessiert.

    Beste Grüße
    HDZ

  9. Hallo Michael,

    besten Dank für den Kommentar und die zusätzliche Perspektive.

    Zum überwiegenden Teil kann ich sie auch uneingeschränkt nachvollziehen und bestätigen. Lediglich die zum Schluss geäußerte Hoffnung, dass ein Zusammenschluss aufgrund der steigenden Zahl von Klagen vor den Sozialgerichten immer noch möglich erscheinen könnte, kann ich in der Form nicht teilen. Nicht nur, weil diese Klagen immer auf dem individuellen Unrechtsempfinden des/der Einzelnen aufbauen und in den seltensten Fällen ein Zusammenrücken der Individuen im eigentlichen Sinne befördern … sondern weit nachhaltiger, weil der „Glaube, qua >bundesdeutscher Rechtsprechung< tatsächlich das einem zustehende Recht bekommen zu können" als "ziemlich weithergeholt" bezeichnet werden muss. Zumal die Erfolgsquote bei solchen Klagen einerseits zwar erstaunlich hoch ist, auf der anderen Seite aber trotzdem kaum spürbaren Einfluss auf die "Langzeitpolitik" der eigentlich mit abgestraften "Gesetzgeber" zeitigt.

    Aus diesen und einer ganzen Reihe von anderen Gründen stehe ich zu meiner im obigen Artikel gemachten Aussage … bin und bleibe aber nach wie vor bereit zum konstruktiven Dialog und Meinungsaustausch. Das hohe Maß an Übereinstimmung, dass ich Deinem Beitrag entnehme und das die auf Interpretation basierende "Einschränkung" bei Weitem übersteigt, lässt darauf hoffen, dass wir in diesem Sinne weiter kommunizieren können.

    Besten Gruß retour
    Hans

Hinterlasse einen Kommentar