Die letzte „Lieferung“ an Übersetzungen von Ellen Rohlfs erreichte uns bereits am Freitag … wieder mal ein kollegialer Dank an Lopez unseren Freund und Vermittler vom Womblog … aber situationsbedingt kommen wir erst heute dazu, sie in der neuesten Folge unserer speziellen Leseempfehlungen weiterzuleiten.
Wie bei jeder Veröffentlichung dieser Art geht unser Dank für die explizite Genehmigung zur Weiterverbreitung an die Übersetzerin, Frau Ellen Rohlfs.
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George Bisharat [Counterpunch] … Israels Straflosigkeit nach dem Internationalen Recht (09.06.10)
Zitat:
Beides, der Angriff auf die Flottille und die Belagerung des Gazastreifens sind illegal
Israels tödlicher Angriff auf die Gaza “Freedom-Flottille” war eindeutig illegal. Die Flottille, die vor Abfahrt sorgfältig nach Waffen durchsucht wurde, hatte das Recht der freien Navigation in internationalen Gewässern, und Israel hat keine legale Rechtfertigung, ihre friedliche Mission zu unterbrechen.
Die Flotilla-Passagiere waren dazu berechtigt, sich selbst gegen Israels gewalttätiges An-Bord- Kommen der Mavi Marmara zu verteidigen, ob das israelische Kommando sofort nach der Landung auf dem Deck schoss wie die Passagiere behaupten oder ob sie nicht gleich schossen. Wenn 100 bewaffnete Soldaten vom Himmel aus auf ein Schiff kommen, ist das kein friedliches Manöver. Noch können israelische bewaffnete Kommandos behaupten, dies wäre Selbstverteidigung, wie ein Taschendieb gegenüber einem Opfer, das sich entscheidet, zurückzuschlagen. Daher ist Israel auch schuldig an dem (neunfachen) Mord, der folgte […]
Zitat Ende.
Kommentar: Eine kurze Zusammenfassung der Fakten, derentwegen der gewählte Untertitel des Artikels in vollem Umfang gerechtfertigt ist. Diese wurden zwar bereits hinlänglich dargestellt, müssen aber gegen die unentwegte und beharrlich Tatsachen verdrehende Israel- und Hasbara-Propaganda immer wieder betont werden. Es ist einfach an der Zeit, mit dem Mythos der permanenten Selbstverteidigung des Staates Israel Schluss zu machen und endlich der Wahrheit ins Auge zu sehen, dass politische und militärische Maßnahmen keinem anderen Zweck dienen als der „Aufrechterhaltung der Spannung“, die Israel sowohl auf Druck von innen als auch von außen verfolgen muss, um die Expansion auf palästinensisches Gebiet im Sinne des „zionistischen Projekts Groß-Israel“ zur menschenverachtenden und von Grund auf illegalen Vollendung zu führen. – Dass die israelische Führung bei diesem Streben nach Spannung und Eskalation um jeden Preis auch „treue Verbündete“ auf Seiten der Palästinenser / Islamisten haben, die ebenso wenig an einem dauerhaften Frieden interessiert sind, kann aufgrund der militärischen Überlegenheit Israels und deren rigorosen Einsatz gegen Friedensaktivisten und Zivilbevölkerung gerade vor dem Hintergrund eines „für alle Staaten geltenden“ internationalen Rechts nicht als Entlastung oder Rechtfertigung für Israel gelten!
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Ken O’Keefe [Counterpunch] … Über Feigheit und Gewalt (07.06.10)
Zitat:
2002 initiierte ich die TJP – die menschliche Schutzschild-Aktion für den Irak, weil ich wusste, dass die Invasion in den Irak längst geplant war, da sie ein Teil der ‚Globalen Spektrum Vorherrschaftsagenda’ war, die vom ‚Projekt für ein neues amerikanisches Jahrhundert’ geplant war. Ich wusste, dass Proteste keine Chance hatten, die Invasion zu verhindern und dass weithin diese Proteste uns nur ein besseres Gefühl gaben, was den kommenden Massenmord betrifft. Es ermöglichte uns zu sagen: „Ich protestierte ja dagegen.“
[…]
2007 schloss ich mich der Free Gaza Bewegung an, um die Blockade des Gazastreifens zu brechen, indem wir nach Gaza übers Meer anreisten. Von dem Augenblick an, als ich von dem Plan hörte, wusste ich, dass es letztlich gelingen könnte. Ich diente beim ersten Versuch als Kapitän. Die israelische Regierung sagte während unserer Vorbereitung, wir seien nicht besser als Piraten und sie würden uns auch als solche behandeln. Sie machten uns klar, dass wir Gaza nie erreichen würden. Ich war von unserm Erfolg überzeugt. Und wir hatten diesen Erfolg. Wir segelten am 23. August 2009 in den Gaza-Hafen ein. Es war das erste Mal nach 41 Jahren, dass ein Schiff in Gaza ankam und Zehntausende von Gazaern feierten mit uns diesen Tag. Wir bewiesen, dass ein intelligenter Plan mit geschickter Medienmanipulation zeigt, dass die ganze Macht der israelischen Flotte nutzlos ist […]
Zitat Ende.
Kommentar: Diesen Bericht eines – in jedem Sinn des Wortes – aktiven Mitglieds der Solidaritätsflottille sollte man gelesen haben. Nicht nur, weil auch er die immer mehr bröckelnde Lügenfassade (siehe u. a. unten) der israelischen „Verteidigungs- und Schuldumkehrpropaganda“ zusätzlich erschüttert, sondern weil er auch einen menschlichen Einblick in die Intentionen der „Kämpfer“ unter den Aktivisten ermöglicht, der in sämtlichen offiziellen Berichterstattungen unterschlagen oder ebenfalls ins Gegenteil verdreht wird. – Sehr lesenswert!
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Rachel Shabi [Jerusalem – Guardian UK) … Israel ist gezwungen, sich für die YouTube-Parodie über die Gaza-Flottille zu entschuldigen (06.06.10)
Zitat:
Israelisches Regierungspressebüro verteilte Videolink, auf dem Araber und Aktivisten singen
Die israelische Regierung ist gezwungen worden, sich für das Zirkulieren eines Parodievideos zu entschuldigen, das sich über die Aktivisten der Gaza-Flottille mokiert. Neun von ihnen waren vom israelischen Militär letzte Woche getötet worden.
Der YouTube-Clip ließ nach der Melodie der 1985er –Schallplatte: „Wir sind die Welt..“, Israelis, als Araber und Aktivisten gekleidet, Waffen schwingen und singen: „wir steuern die Welt, wir lenken die Leute, wir machen sie alle glauben, die IDF ist Jack der Frauenmörder.“ Und es geht weiter: „Da ist keiner gestorben, es ist also das Beste, was wir tun können, dass wir den größten Bluff schaffen.“ […]
Zitat Ende.
Kommentar: Dieser Bericht bezieht sich zwar „nur“ auf das sogenannte „Satire-Video“, das „versehentlich“ an Journalisten verschickt wurde, repräsentiert in seiner gesamten Breite aber durchaus das „Verständnis“ und die Strategie der israelischen Führung sowie ihrer weltweit (nicht zuletzt auch bei uns!!!) agierenden Propagandamaschinerie. Allerdings liefert der Artikel auch einige aussagekräftige Beispiele dafür, dass diese „kongeniale Lügenschmiede“ nicht nur immer umfangreicher enttarnt wird, sondern dass die Reaktionen darauf auch immer eindeutigere Formen annehmen … selbst wenn die offiziellen „Staatsvertreter“ und ihre Hofberichterstatter sich diesem Prozess hartnäckig verweigern, lässt sich gut erkennen, was möglich wäre (ist), wenn die Weltöffentlichkeit (einschließlich Deutschland) sich entschlossen für Frieden, Wahrheit und Gerechtigkeit einsetzt.
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Zwar sicher nicht als „Auflockerung“ gedacht, aber wenigstens als sinnvolle Ablenkung vom vielen Text, möchten wir hier noch einige Videos veröffentlichen …
… und einen Song (englische Texteinblendung), der unserer Meinung nach, die Wahrheit ausdrückt, welche Israel und seine westlichen Verbündeten „im Kampf gegen den Terror“ NIEMALS verstehen wird! …
… und zum Abschluss noch ein Lied von „der tiefsten lebenden Stimme auf Erden“, die eine Wahrheit aussingt, die uns alle angehen und zum Umdenken bringen sollte …
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Mazal Mualem [Haaretz, Print] … Interview mit Uri Avnery (07.06.10)
Zitat:
Israel will, dass die Bevölkerung des Gazastreifens Hamas stürzt
Benyamin Netanyahu lügt, wenn er sagt, die Gazablockade besteht, um den Transfer von Waffen nach Gaza zu verhindern, sagt Avnery zu Haaretz.
Der Journalist und frühere Knessetabgeordnete Uri Avnery ist einer der prominentesten politischen Aktivisten, die sich mit dem israelischen Friedenslager identifizieren. Wie es seit Jahrzehnten die Gewohnheit des 86-Jährigen war, hat er auch die Demonstration der Linken in Tel Aviv am Samstagabend nicht versäumt. Sie protestierte gegen das Vorgehen der Regierung gegen die Flottille, die letzte Woche nach Gaza Hilfsgüter bringen wollte […]
Zitat Ende.
Kommentar: Einige klare und bei realistischer Betrachtung auch unwiderlegbare Statements zum „Zustand Israels“, die man gelesen, verinnerlicht und selbst gegenrecherchiert haben sollte. Bei objektiver Verarbeitung wird man schwerlich zu einer anderen Einschätzung kommen können!
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Yossi Sarid [Haaretz] … Auch ich sagte nichts (04.06.10)
Zitat:
Auch in Israel ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis sie mich und auch dich erreichen. Genau wie der deutsche Pastor Martin Niemöller über die Nazizeit sagte.
Anfangs war er wie eine Gazelle, deren Hals die Jäger suchten. Er versuchte, eine Möwe zu werden, in der Hoffnung, dass wenn er gen Himmel fliegt, dann könnten sie ihn nicht runterbringen. Er ging in jede Landesecke, um sich ein Nest für seine enttäuschte Hoffnung ein Refugium zu bauen, bis er endlich einen Ort fand, wo seine Beine zur Ruhe kamen und er seine Seele baumeln lassen konnte – Nizana. Der verstorbene Arie „Lova“ Eliav war der erste Verräter. Aber ich sagte nichts, weil ich nicht Lova war […]
Zitat Ende.
Kommentar: An sich erübrigt sich hier ein Kommentar unsererseits, da die Einleitung schon deutlich macht, wohin die Gedanken des Autors unterwegs sind … und da dieses „Phänomen“ international ist, sowie keinerlei religiöse oder ideologische Barrieren seine universelle Bedeutung einschränken, ist die Erkenntnis, zu der er gelangt, auch ebenso uneingeschränkt korrekt. Es trifft zu und man kann es nicht nur, aber eben auch in Israel uneingeschränkt nachvollziehen!
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Amira Hass (Haaretz, Print] … Lexikon der irreführendsten Ausdrücke im israelisch-palästinensischen Konflikt (09.06.10)
Zitat:
Die israelischen Medien sind voll falscher Termini und Statements, die die öffentliche Wahrnehmung der Realität verdrehen.
„Humanitäre Krise“ „Es gibt keine humanitäre Krise im Gazastreifen“, sagen offizielle israelische Sprecher wie der Verteidigungsminister Ehud Barak und der Generaldirektor des Außenministeriums Yossi Gal wiederholt. Und sie haben Recht, weil eine „Krise“ eine plötzliche Veränderung ist, eine Abweichung von der Norm, während das, was im Gaza vor sich geht, Routine geworden ist.
Sie haben auch Recht, was den „humanitären“ Aspekt betrifft, wenn sie meinen, dass Hunderttausende nicht vor Hunger und Durst sterben. Es gibt also keine humanitäre Krise, wenn man bedenkt, was eine Person an täglichen Kalorien benötigt. Und für jemanden, der in Jerusalem oder Tel Aviv lebt, ist es leicht, die Tatsache einer etwaigen Nicht-Krise zu ignorieren, dass z.B. auch 90% des Wassers, das im Gazastreifen von einer einzigen Wasserquelle – dem Küstenaquifer – produziert wird, kein Trinkwasser ist. Menschen, die kein gereinigtes Wasser bekommen, riskieren ihre Gesundheit: zu hoher Blutdruck, Nieren- und Darmerkrankungen. Nur dank des ausgedehnten Familienhilfssystems, der Hilfsorganisationen, UNRWA, internationalen Hilfsprogrammen und der „Tunnel-Wirtschaft“ sind die Menschen noch nicht verhungert […]
Zitat Ende.
Kommentar: In diesem Artikel räumt die Autorin mit einigen sehr gebräuchlichen Termini auf, die hauptsächlich von den israelischen Regierungs- und Militärsprechern angewandt und von den „westlichen“ Medien und „Verantwortlichen“ auch ausnahmslos für bare Münze gehalten sowie entsprechend an ihre „Untertanen“ und/oder Konsumenten weitergegeben werden. Natürlich, wenn man genauer hinschaut, kommt man nicht umhin zu erkennen, dass es sich erneut um Lügen handelt, die aber aufgrund der „Definitionshoheit“, die stets der israelischen Seite zufällt, ebenso unangefochten wie ewig Gültigkeit besitzen. – Natürlich kann Amira Hass in einem knapp anderthalb Seiten langen Artikel nur einige wenige Begriffe aufgreifen und verarbeiten, aber das tut sie sehr gut und überzeugend, so dass man schon in der Lage sein sollte, das nachzuvollziehen und anhand der „Zwischen-den-Zeilen-lesen“ – Technik auch aus den täglichen Standardnachrichten herauszulesen!
Filed under: Aktuell, Meinungs- und Wissenspool, Naher/Mittlerer Osten | Tagged: Amira Hass, Counterpunch, Ellen Rohlfs, George Bisharat, Guardian, Haaretz, Israel/Palästina, Ken O'Keefe, Leseempfehlungen, Mazal Mualem, Rachel Shabi, Songs for Gaza, Themenschwerpunkt, Uri Avnery, Videos, Yossi Sarid |
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