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Gastbeitrag Womblog über die Frage „Gerechtigkeit für Opferfamilie“ (Fall Corrie)

Ohne Kommentar übernehmen wir den Beitrag von Lopez Suarez und sind höchst gespannt, wie dieser sieben Jahre zurückliegende Fall einer durch einen israelischen Bulldozer getöteten Menschenrechts-Aktivisten vor den Schranken eines israelischen Gerichts beurteilt werden wird … vor dem aktuellen Hintergrundszenario in der Region eine doppelt schwerwiegende Frage.

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Familie von Rachel Corrie bringt Israel schließlich auf die Anklagebank

Gerichtliche Anhörung zur Tötung der Friedensaktivistin durch Armeebulldozer

Von Jonathan Cook – Nazareth | The National | Übersetzt von Lopez Suarez |

Sieben Jahre nachdem Rachel Corrie, eine US-amerikanische Friedensaktivistin, in Gaza durch eine Planierraupe der israelischen Armee getötet wurde, klagt ihre Familie heute die israelische Regierung an.

Einem Richter in der nordisraelischen Stadt Haifa sollen Beweise vorgelegt werden dafür, dass die 23 Jahre alte Corrie vorsätzlich getötet wurde, als sie dem Bulldozer im Weg stand, um ihn an der Zerstörung von Palästinenserhäusern in Rafah zu hindern.
Corries Eltern Craig und Cindy trafen am Samstag in Israel ein.

Sie erklärten, sie erhofften sich von ihrer Zivilklage, diese würde neuen Aufschluss über den Tod ihrer Tochter geben und letztendlich dazu führen, Israel für deren Tod verantwortlich zu machen. Zudem fordern sie Schadensersatz, der sich auf Millionen von Dollar belaufen könnte, falls das Gericht zu ihren Gunsten entscheidet.

Eine kurz nach Corries Tod abgeschlossene, interne Armeeuntersuchung entlastete sowohl den Fahrer der Planierraupe, als auch die Kommandeure, die den Einsatz überwachten.
Drei Briten und ein US-amerikanischer Staatsbürger, die in der Nähe von Corrie standen, als sie getötet wurde, sollen Israels Version der Ereignisse bezweifeln. Sie wenden ein, der Fahrer des Bulldozers habe gewusst, dass Corrie dort war, als er sie überfuhr.

Die israelische Regierung hatte versucht, die Einreise der Aktivisten zur Anhörung nach Israel zu verhindern, gab jedoch vor drei Wochen auf starken Druck durch Großbritannien und die USA hin letztlich nach.

Die vier gehörten wie Corrie dem International Solidarity Movement (ISM) an, das Aktivisten nach Israel bringt, um an Seite der Palästinenser gewaltfreien Widerstand gegen die Besetzung zu leisten.

Cindy Corrie aus Olympia, Washington, erklärte: “Meine Familie und ich sind noch auf der Suche nach Gerechtigkeit. Der grausame Tod meiner Tochter hätte nie geschehen dürfen. Wir glauben, dass die israelische Armee für ihre fahrlässige Tötung zur Rechenschaft gezogen werden muss”

Für viele Beobachter wurde Rachel Corries Tod im März 2003 schnell zum Symbol für das Unrecht der israelischen Besetzung. Basierend auf Tagebucheinträgen – viele davon geschrieben, als sie bei Palästinenserfamilien lebte – entstand ein Theaterstück, das weltweit aufgeführt worden ist.

Allerdings bemerkte ein israelischer Kommentator in der liberalen Tageszeitung Haaretz anlässlich ihres ersten Todestages: “In Israel ist ihre Name so gut wie vergessen.“

Corries Familie hofft, dass der Prozess das korrigiert.
Rachel – ein Film über ihr Leben und die Geschehnisse in Rafah – kam im vergangenen Jahr heraus und soll an ihrem siebten Todestag am 16. März in Tel Aviv gezeigt werden, mitten in den Gerichtsverhandlungen.

Bis zum Prozess in Haifa hatte die Familie Corrie eine ganze Reihe verwaltungstechnischer und juristischer Hürden zu nehmen, bei dem Versuch den Tod ihrer Tochter unabhängig untersuchen zu lassen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

Ariel Sharon, zum Zeitpunkt von Corries Tod israelischer Premierminister, versprach es werde eine „gründliche, glaubwürdige und transparente Untersuchung” durchgeführt.

Eine interne militärische Befragung der beiden Soldaten, die den Bulldozer bedienten, wurde jedoch weithin kritisiert, darunter auch von offiziellen Stellen in den USA. Human Rights Watch erklärte, “es fehle an jener Transparenz, Unparteilichkeit und Sorgfalt, die internationales Recht verlangt”.

Der Armeebericht behauptete, Corrie sei „außer Sichtweite versteckt“ hinter einem Erdwall gewesen und die Planierraupe wäre nie mit ihr in Berührung gekommen. Er folgerte “Corrie wurde durch Schutt und einen Zementblock erschlagen” als Erde über sie rutschte.
Den vier ehemaligen ISM-Aktivisten, die diese Woche vor Gericht erscheinen sollen, wurde geraten sich nicht dazu zu äußern, bevor sie ihre Zeugenaussagen machen.

Frühere Zeugenaussagen, belegt durch Beweisfotos, haben jedoch den Armeebericht in Frage gestellt. Die Bilder zeigen Corrie – sie trug eine orangefarbene fluoreszierende Jacke und hielt ein Megaphon – wie sie dem Bulldozer mehrere Stunden lang entgegen trat. Sie zeigen auch die Abdrücke der Reifenspuren des Bulldozers auf Corries Körper kurz nachdem sie zerquetscht wurde.

Tom Dale, ein britischer Aktivist, der neben Corrie stand als sie getötet wurde, schrieb zwei Tage später, sie wäre auf einen Erdwall geklettert, als die Aktivisten in ihrer Nähe dem Fahrer der Planierraupe zuriefen, er solle anhalten.

Der Bulldozer, so schrieb er, „stieß Rachel zuerst unter die Schaufel, dann unter das Planierschild und fuhr weiter, bis ihr Körper unterhalb des Führerhauses war. Sie warteten einige Sekunden lang über ihr, bevor sie zurücksetzten. Sie fuhren rückwärts mit dem Planierschild nach unten gepresst, so dass dieses ein zweites Mal über ihren Körper schrammte.”

2007 verweigerte ein US-Gerichtshof der Familie Corrie das Recht, die Firma Caterpillar zu verklagen, welche die israelische Armee mit dem speziellen D-9 Bulldozer beliefert, der ihre Tochter tötete und den Israel regelmäßig einsetzt, um die Häuser von Palästinensern niederzureißen.

Die Anhörung von dieser Woche ist das Ergebnis einer Zivilklage, die von den Corries im März 2005 eingereicht wurde auf Vorschlag des US-amerikanischen Außenministeriums hin.

Frau Corrie erklärte: “Wir hoffen, dieser Prozess wird auch die Notwendigkeit der Verantwortlichkeit Israels aufzeigen für Tausende, die ihr Leben verloren oder dauerhaft geschädigt wurden durch die israelische Besetzung und die Aufmerksamkeit auf den Anschlag gegen gewaltfreie Menschenrechtler lenken.”

Herr Corrie fügte hinzu, dass die Familie „Lügen und Falschaussagen” über die Umstände des Todes ihrer Tochter ertragen musste. Die Familie beschuldigte Israel auch der Verfahrensverzögerungen, um den Fall zu verschleppen.

Obwohl Israel zugestimmt hat, die vier ISM-Zeugen einreisen zu lassen, verweigerte es dem Arzt Ahmed Abu Nakira, der Corrie in Gaza behandelte, die Erlaubnis an der Anhörung teilzunehmen oder per Videoschaltung befragt zu werden.

Die Klage beschuldigt die israelische Regierung entweder für Corries absichtliche Tötung verantwortlich zu sein, oder für das schuldhaft fahrlässige Verhalten seiner Soldaten gegen unbewaffnete Demonstranten.

Israel erklärt sich für nicht verantwortlich, da die Aktionen der Armee „kriegerische Handlungen” seien, und weil Corrie waghalsig sich selbst gefährdet habe.

Etwa zu der Zeit von Corries Tod wurden drei Briten — Iain Hook, Tom Hurndall and James Millar — von Schüssen israelischer Soldaten tödlich getroffen. Lediglich im Fall Hurndall, einem weiteren ISM-Freiwilligen, der einen Monat nach Corrie in Rafah erschossen wurde, führte eine Untersuchung dazu, dass ein Soldat schuldig gesprochen und eingesperrt wurde.

Hussein Abu Hussein, Anwalt der Familie Corrie, erklärte, sie würden 324. 000 US$ Entschädigung fordern für bestimmte Ausgaben Corries Tod betreffend, einschließlich Bestattung, Gerichtskosten und Flüge. Zusätzlich wird die Familie eine generelle Wiedergutmachung fordern für ihr Leid und für Rachels Verdienstausfall sowie Bußgeldzahlungen durch den Staat.

In den letzten Wochen hat das israelische Militär mehrmals Razzien in den Büros von ISM in der West Bank durchgeführt und dabei Computer und Dokumente mitgenommen.

Herr Abu Hussein sagte, er wolle vor Gericht darlegen, dass die Betriebsanleitung für den D-9 ausdrücklich angibt, es dürften keine Arbeiten in der Nähe von Zivilisten ausgeführt werden, und dass der Staat eine Gerichtsentscheidung ignoriert hatte, ein Botschaftsvertreter der USA müsse bei Corries Autopsie anwesend sein.

*****

Eine kürzere Version erschien zunächst im National Newspaper, Abu Dhabi – Stimme des Regimekritikers

Der Originalartikel von Jonathan Cook erschien am 10.03.2010 unter dem Titel : Rachel Corrie Family Finally Puts Israel in Dock in The National. Die Übersetzung erfolgte durch  Lopez Suarez vom womblog.de.

Eine Antwort

  1. Hallo @ all …

    dank dieser Übersetzung des Cook-Artikels von Lopez ist mir die tragische Geschichte von Rachel Corrie wieder ins Gedächtnis gekommen. Auch – dass ich vor einiger Zeit ein Video gesehen habe, das das Schicksal dieser tapferen jungen Frau zeigte. Leider habe ich das Original nicht mehr gefunden, aber ich denke, dass diese hier verlinkten, genug Aussagekraft haben …
    Ich wünsche der Familie von Rachel, dass nach all den Jahren die Wahrheit ans Licht kommen und ihnen Gerechtigkeit zuteil werden wird.

    http://www.myvideo.de/watch/5430871/Die_Wahren_Terroristen_sind_die_Juden

    http://www.myvideo.de/watch/5430871/Die_Wahren_Terroristen_sind_die_Juden

    Zum Gedenken an Rachel Corrie:

    http://www.myvideo.de/watch/6564011/Billy_Bragg_The_Lonesome_Death_of_Rachel_Corrie

    Elke J.

    Ps: Um die Videos sehen zu können, muss man sich aufgrund „der Meldung besorgter Community-Mitglieder wegen >anstößiger oder unpassender Inhalte<" leider zuerst anmelden und einloggen … das kommentiere ich nicht …

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